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19. Dezember 2025 11 Minuten

Der politische Jahresrückblick

Liebe Leserin, lieber Leser,

das politische Jahr 2025 stand ganz im Zeichen der vorgezogenen Bundestagswahl.

Mit einer historischen Wahlbeteiligung von 82,5 % wurde die Ampel abgewählt und Friedrich kam endlich an sein Ziel: Das Kanzleramt. Die Union wurde stärkste Kraft, während die SPD (mal wieder) ihr schlechtestes Ergebnis der Geschichte einfuhr. Nach kurzen, aber intensiven Verhandlungen stand die Neuauflage der Großen Koalition – obwohl eine Mehrheit von 12 Stimmen nur bedingt “groß” ist, was der neue Kabinettschef auch bald merkte: Als erster Bundeskanzler der Geschichte brauchte Merz einen zweiten Wahlgang, um ins Amt gewählt zu werden.

Die AfD wurde die zweitstärkste Kraft und verzeichnete den größten Zugewinn aller Parteien. Auch im außerparlamentarischen Raum konnten die Rechtsnationalen punkten, so änderte der Verband der Familienunternehmer (kurzzeitig) den Umgang mit der Partei. Nun erklärt sich Präsidentin Ostermann im Interview (€) und gesteht Fehler ein.

Für die Grünen sind wieder mal Träume an der Wahlurne zerschellt. Regierungsbeteiligung futsch, Spitzenduo adé – jetzt wird an der Zäsur gearbeitet. Vielleicht könnte jetzt die Forderung nach mehr Feiertagen helfen, aus dem Umfrageloch zu kommen.

Ein anderes Drama spielte sich an der Fünf-Prozent-Hürde ab: Die FDP musste nach elf Jahren unter Christian Lindner den Gang in die außerparlamentarische Opposition antreten. Nun kämpft die Partei das zweite Mal ums Überleben (€). Auch das BSW scheiterte knapp am Einzug und geht seitdem durch alle Instanzen, um doch noch den Sprung in den Bundestag zu schaffen. Heute wies eben dieser die Beschwerde auf Neuauszählung ab, aber es soll weiter nach Karlsruhe gehen. Totgesagte leben indes länger: Die Linke feierte mit der „Mission Silberlocke“ und starken Ergebnissen bei Jungwählern ein unerwartetes Comeback – und wird zum Jahresende im Bundestag immer angriffslustiger.

Dass die “Blackrot”-Koalition nicht die stabilste ist, zeigte sich dann bereits kurz vor der Sommerpause erneut: Die Wahl der neuen Bundesverfassungsrichter musste abgesagt werden, nachdem Teile der Union der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf die Unterstützung verweigerten. Vorausgegangen war eine massive Desinformationskampagne gegen die Juristin. Brosius-Gersdorf zog ihre Kandidatur schließlich zurück. Aktuelle Analysen zu Desinformation und Beeinflussungen politischer Debatten finden Sie in unserem wöchentlichen Desinformationsbriefing.

Die Aufarbeitung der Corona-Politik sorgte im Sommer für Zündstoff. Der lange unter Verschluss gehaltene „Sudhof-Bericht“ zur Maskenbeschaffung offenbarte chaotische Zustände im Gesundheitsministerium unter Jens Spahn. Parallel kritisierte der Bundesrechnungshof Milliardenverschwendungen durch „planlose“ Corona-Hilfen. Die eingesetzte Enquete-Kommission arbeitet weiter und hatte kurz vor Weihnachten noch unangenehme Fragen für Spahn parat.

Auch der Renten-Streit offenbarte, wie brüchig die “Marienkäfer”-Koalition ist. Am Ende einigte man sich zwar gesichtswahrend, aber die Arbeit der Rentenkommission geht nun erst los.

Friedrich Merz’ Performance als Bundeskanzler war außenpolitisch beachtlich, innenpolitisch ambivalent. Noch vor der Bundestagswahl sorgte er mit der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD für einen Tabubruch. Mit seinen Äußerungen zum Stadtbild trat er eine gewaltige Diskussion los. Und zum Jahresabschluss könnte ihm nun eine alte Rivalin erneut Ärger machen.

Auf Landesebene tat sich 2025 nicht viel. In Hamburg behauptete sich Peter Tschentscher (SPD) im März gegen den Bundestrend und regierte weiter mit den Grünen. Im Herbst wurden die Kommunalwahlen in NRW zum ersten Stimmungstest zur neuen Regierung, der für die CDU glimpflich und die SPD ernüchternd ausging. Im nächsten Jahr wird das mit den Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin vermutlich anders ausschauen. Das RND hat die aktuellen Umfragen aus den fünf Ländern zusammengetragen.

International dominierte die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Seine zweite Amtszeit begann mit einer Erlasslawine und führte schnell zu diplomatischen Eklats. Unvergessen bleibt der Bruch im Oval Office, als ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor laufenden Kameras platzte. Auch wirtschaftlich setzte Trump auf Konfrontation, etwa mit einem Zollkrieg, der die Börsen erschütterte. Innenpolitisch spaltete der Mord an Charlie Kirk die USA noch weiter. Nun steht der Attentäter erstmals vor Gericht.

Im Oktober dann atmete die Welt auf: Nach über zwei Jahren Krieg und fast 70.000 Toten endete der Gaza-Krieg mit einem diplomatischen Durchbruch. Unter der Vermittlung von Donald Trump einigten sich Israel und die Hamas auf einen Friedensplan, der mit der Freilassung von Geiseln und einer Gipfelkonferenz in Ägypten besiegelt wurde. Warum der Nahost-Konflikt ein Dilemma für Deutschland ist, analysiert der Deutschlandfunk.

Falls Sie den Jahresrückblick lieber im audiovisuellen Format möchten: Das politische Jahr, angefangen von Olaf Scholz´ gescheiterter Vertrauensfrage im letzten Dezember bis heute zeigt die ARD in ihrer Doku „Ein Jahr Bundestag“. Natürlich hielt das ablaufende Jahr aber noch viele weitere kleine und große politische Geschichten, Anekdoten und Schicksale bereit. Darunter etwa

Ob Sie bei den weiteren politischen Randnotizen 2025 trittfest sind, können Sie in unserem alljährlichen Politiknerd-Quiz testen.

Wir mussten uns in diesem Jahr von bedeutenden Persönlichkeiten verabschieden. So etwa vom ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer, dem FDP-Urgestein Gerhard Baum und dem ehemaligen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel. Auch Papst Franziskus verstarb kurz nach Ostern. Ihm folgte mit Leo XIV. der erste US-Amerikaner auf dem Heiligen Stuhl.

Das politische Personalkarussell drehte sich derweil in Hochgeschwindigkeit. Natürlich sorgte allein schon die neue Bundesregierung für einige Rotation. Darüber hinaus kehrte etwa Kevin Kühnert jüngst bei der Finanzwende ins Geschehen zurück. Annalena Baerbock wechselte als Präsidentin zur UN-Vollversammlung nach New York und Sahra Wagenknecht gab den Parteivorsitz ab. Damit Sie alle relevanten Personalmeldungen auf einen Blick haben, können Sie sich hier für unseren neuen politheads-Newsletter anmelden.

Ein weiteres Angebot folgt bald: Mit der Bertelsmann Stiftung entwickeln wir derzeit ein Briefing Demokratiepolitik, welches ab Februar versandt wird. Bei Interesse können Sie sich gern hier bereits jetzt auf den Verteiler setzen.

Mit den besten Grüßen zu Festtagen und Jahreswechsel und bis zur nächsten politnews-Ausgabe am 12. Januar

Philipp Sälhoff

 

Philipp Sälhoff


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