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14. Oktober 2024 12 Minuten

Rücktritte, Rückzüge und Rückzieher

Liebe Leserin, lieber Leser,

manchmal sollte man aufhören, wenn es am schwersten ist.

Gerade wenn es an die Substanz und Gesundheit geht. Das tat Kevin Kühnert in der letzten Woche und trat aus gesundheitlichen Gründen als Generalsekretär der SPD zurück. Auch für den Bundestag will er nicht erneut kandidieren. Matthias Miersch ist sein Nachfolger in der Parteispitze. Was der Wechsel für die Ausrichtung der SPD bedeutet, erklärt Dominik Rzepka beim ZDF. Weitere Hintergründe zum Wechsel im WBH:

  • Kühnerts Abschiedsbrief im Wortlaut gibt es bei der Südwest Presse.
  • Die Reaktionen aus dem Politikbetrieb versammelt der Spiegel.
  • Warum und wie Politik krank macht, überlegt die Tagesschau.
  • Welche Politiker:innen sich noch aus gesundheitlichen Gründen zurückzogen, weiß das RND und unsere Grafik weiter unten.
  • Einen Rückblick auf Kühnerts Politik-Karriere bietet das ZDF.
  • Sein Nachfolger Matthias Miersch wird beim Spiegel porträtiert. Sein Büroleiter ist ein alter Bekannter im politischen Berlin: Marcel Deister kehrt in die Stresemannstraße zurück (siehe Personalticker).
  • Für den kommenden Bundestagswahlkampf hat der SPD-Vorstand zudem ein neues Strategiepapier beschlossen.

Schluss machen auch Canan Bayram (Grüne) und Petra Pau (Linke). Die beiden Berliner Bundestagsabgeordneten werden nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren. Bayram kritisiert zudem Kreisverband und Partei umfassend im taz-Interview, Pau gab dagegen ihrer Partei beim Landesparteitag noch einen Rat zum Überleben. Dafür will aber ein junger Kommunikationsexperte aus dem politischen Berlin für die SPD in den Bundestag (siehe Personalticker). Dort sorgte am Donnerstag Heike Heubach mit der ersten Rede in Gebärdensprache für eine Premiere und ungewohnten Applaus, wie unser Fundstück zeigt.

Ein sehr abruptes Ende erlebte hingegen Andreas Scheuers neue Karriere in der Kommunalpolitik. Er sollte oberster Rechnungsprüfer im Passauer Stadtrat werden – auch ganz unzynisch betrachtet eine eher originelle Besetzung angesichts der Maut-Affäre. Zwei Stadträte gerieten daher heftig mit dem ehemaligen Verkehrsminister aneinander, der daraufhin seinen Rückzug erklärte. Auf Facebook rechnete Scheuer aufgebracht  mit dem “abgekarteten Spiel” ab, das er erlebt habe. 

Aus anderen Gründen zog Joe Biden seine Reisepläne zurück. Der Hurrikan Milton zwang den US-Präsidenten zur vorläufigen Absage seiner Deutschland-Reise. Sicher auch, um schädliche Gipfelbilder zu vermeiden, während in der Heimat Menschen um Hab, Gut und Leben fürchten. Dabei ist die grassierende Desinformation um die Naturkatastrophe ebenfalls lebensgefährlich. Nun kommt Biden wohl in dieser Woche zu einem “auf die Kernelemente reduzierten offiziellen Besuch”.

Der wohl folgenschwerste Rückzug wäre hierzulande aber ein Ampel-Aus mit anschließenden Neuwahlen. Sowohl Regierung als auch Opposition diskutieren diese Option nicht nur, sondern planen auch hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen für den Ernstfall. Die grundlegende Vermutung dabei: Die Haushaltsverhandlungen könnten in diesem Jahr tatsächlich zum Koalitionsbruch vonseiten der FDP führen, worauf Scholz wohl zwangsläufig die Vertrauensfrage stellen müsste. Das würde wiederum zur Auflösung des Bundestages und entsprechend zu Neuwahlen führen.

  • Das im Berliner Regierungsviertel derzeit am heißesten kolportierte Szenario dafür geht so.
  • Wie der Prozess nach dem Ampel-Aus aussehen würde, hat t-online bereits im April erklärt.
  • Die möglichen Neuwahl-Szenarien werden im Berlin Playbook-Podcast von POLITICO analysiert.
  • Wie sich in der FDP die Haltung gegenüber dem eigenen Vorsitzenden Lindner aktuell entwickelt, analysiert der Tagesspiegel (€).
  • In der Union läuft derweil die Debatte über Schwarz-Grün weiter: Markus Söder warf den Ministerpräsidenten Wüst und Günther per Welt-Interview einen “schweren strategischen Fehler” vor, während Friedrich Merz quasi zeitgleich auf dem CSU-Parteitag eine neue Kultur der Zusammenarbeit ankündigte.
  • In NRW erreicht Wüsts CDU derweil erstmals seit 2009 wieder die symbolische Marke von 40 Prozent in den Umfragen.

Streitthemen gibt es auch in der Ampel genug und nun ist noch eins dazu gekommen: Der Rückzieher von der Corona-Aufarbeitung. Die Koalition finde dazu keinen Konsens, wie der Tagesspiegel berichtet. Das ärgert vor allem die FDP. Diskussionsstoff bietet dabei vor allem das Format: Während die FDP (in Teilen) eine Enquete-Kommission forderte, hätten Grüne und SPD eher auf zufällig ausgeloste Bürgerräte gesetzt. Details zu diesen – nun wohl gescheiterten – Plänen kennt der vorwärts

  • Während im Parlament von Aufarbeitung gesprochen wird, breitet sich erneut eine neue Covid-Variante in Deutschland aus. Fragen zu Ansteckungsgefahr und Krankheitsverlauf beantwortet das ZDF.
  • Warum die gescheiterte Aufarbeitung ein “Fest für Populisten” darstellt, kommentiert Katharina Riehl bei der SZ.

Mit “Populisten” sind vor allem AfD und BSW gemeint. Die standen sich letzte Woche in Person der prominentesten Parteigesichter Sahra Wagenknecht und Alice Weidel in einem TV-Duell bei Welt TV gegenüber.

  • Sechs Erkenntnisse aus dem Duell zieht der Spiegel (€).
  • Warum die Brandmauer darunter leidet, dass den beiden Politikerinnen eine derartige Bühne geboten wird, erklärt Daniel Bax bei der taz.
  • Warum die AfD und Wagenknecht sich gegenseitig wohl noch brauchen werden, analysiert Thomas Vorreyer bei der Tagesschau.
  • Weil die AfD trotz Weidel nicht attraktiv genug für Frauen ist, lässt der Parteivorstand nun laut Table.Media ein Konzept erarbeiten, um mehr Frauen von der AfD zu überzeugen.

Unterdessen macht auch der Vorstoß einiger Abgeordneter für ein AfD-Verbotsverfahren Fortschritte: Der Entwurf für einen Verbotsantrag liegt nun dem Bundestag vor, berichtet die Tagesschau. Wann – und ob überhaupt – der Bundestag über diesen Antrag abstimmen wird, bleibt allerdings offen.

Ein anderes Verbotsverfahren hatte unterdessen Erfolg: In der sauerländischen Stadt Plettenberg sind nun Kakteen in städtischen Gebäuden strikt verboten. Grund sei die Verletzungsgefahr durch die Stacheln der Pflanzen.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff


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