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10. März 2025 12 Minuten

Der Eine-Billion-Euro-Poker

Liebe Leserin, lieber Leser,

zumindest im Tempo legt Schwarz-Rot gut vor.

Die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD sind am Samstag erfolgreich abgeschlossen worden, ab Donnerstag sollen die Koalitionsverhandlungen starten. Das elfseitige Ergebnis lesen Sie hier, eine Zusammenfassung hier. An zentrale Fragen wie Migration, Finanzen und Wirtschaftspolitik wurden zumindest vorerst Haken gesetzt. Die größte Aufmerksamkeit liegt dabei auf einem Finanzpaket, das Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben in theoretisch offener Höhe und ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen beinhaltet. Noch bemerkenswerter: Das Paket soll bis nächste Woche Dienstag in zwei Sondersitzungen des scheidenden Bundestags verabschiedet werden.

Sofern die Klage der AfD (Anwaltsschreiben an die Bundestagspräsidentin) dagegen abgewiesen wird und die Grünen für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit sorgen. Doch danach sieht es mittlerweile nicht unbedingt aus, denn heute verkündete die grüne Fraktionsspitze ihre Ablehnung. Aus Stuttgart, Düsseldorf und Bremen gab es schon gestern eine harsche Replik in Form einer gemeinsamen StellungnahmeHeute Abend sind jedoch erst die Gespräche zwischen Merz, Klingbeil, Dröge und Haßelmann terminiert. Dass die Grünen vorab noch mal ihren Preis hochtreiben wollen, ist mindestens wahrscheinlich. Gerade nachdem Merz verhandlungstaktisch unklug Druck aufbauen wollte und sich dann noch mit inhaltlichen Vorschlägen auf der Mailbox von Britta Haßelmann meldete. Markus Söder bleibt dem Termin im Interesse aller Seiten schon von vornherein fern. Die Absurdität der Situation bringen die Seite-1-Seriensieger von der taz auf den Punkt bzw. aufs Cover. Weitere Hintergründe zu den Koalitionsverhandlungen, die bis Ostern abgeschlossen sein sollen:

  • Auch bei Union und SPD sind nicht alle mit den bisherigen Vereinbarungen zufrieden. Horst Seehofer spricht sogar von Wortbruch. Die Reaktionen auf das Sondierungspapier fasst der Tagesspiegel zusammen.
  • Wie sich das neue Sondervermögen auf die deutsche Wirtschaft auswirken könnte, beleuchtet das IW.
  • Die Ergebnisse der Sondierungen kann man sich dank Max Mundhenke mit einem eigenen Chatbot erschließen.
  • „Viel Spaß“ bei dem angekündigten Entscheid von 350.000 SPD-Mitgliedern über den Koalitionsvertrag wünscht Karin Christmann aufgrund der bisherigen Beschlüsse.
  • Warum die Grünen dem Finanzpaket auch weiterhin nicht zustimmen sollten, erläutert Dieter Schnaas von der WirtschaftsWoche.
  • Über die Kompromissfähigkeit der Parteien denkt die Heinrich Böll Stiftung nach.
  • Wer wird was im neuen Kabinett? Der Merkur gibt einen Überblick über die möglichen Kandidat:innen.
  • Parallel zu den Sondierungen fand auch der Politische Aschermittwoch statt, wo Markus Söder in bekannter Manier gegen die Grünen schoss, die nun das Haushaltspaket durchwinken sollen. Was es mit dieser Tradition auf sich hat, erläutert das ZDF.
  • Ausgerechnet zum Weltfrauentag trendete wieder ein Foto aus den Verhandlungen, wie unser Social-Media-Fundstück zeigt. Auch wenn die Sitzordnung darauf wohl ganz praktische Gründe hat, wie SPD-Vorsitzende Saskia Esken der Bild erklärte.
  • Warum immer noch zu wenige Frauen in der Politik aktiv sind, thematisiert unser Buch der Woche.

Angesichts der rasanten Entwicklungen mag es einem nicht so vorkommen, aber die Bundestagswahl ist gerade erst drei Wochen her. Neben den Schlagzeilen zu Regierungsfindung und Weltpolitik passiert auch sonst einiges im politischen Betrieb. Eine Zusammenfassung der Nachwehen der Bundestagswahl:

  • Alle eyes on Christian Dürr: Wo die FDP bei ihrer personellen Neuaufstellung steht, weiß t-online.
  • Sarahs letzter Strohhalm: Zum aktuellen Stand der Klagebemühungen des BSW wegen 13.435 fehlenden Stimmen hat die Frankfurter Rundschau recherchiert.
  • Die zweitjüngste Fraktion der Bundestagsgeschichte sitzt ganz links, wie ntv weiß.
  • Etwas weiter rechts sitzen drei Neuzugänge, die im Lobbyregister erfasst sind.
  • Wie die neue Sitzordnung im Bundestag aussehen könnte, der sich am 25. März konstituiert, zeigt diese Grafik.
  • Einen virtuellen Rundgang durch das Kanzleramt bietet hingegen die Augsburger Allgemeine.
  • Tiefrote Laterne: Mit 304 gingen die wenigsten Stimmen bei der Bundestagswahl an die Partei für Verjüngungsforschung. Für den Stern Anlass für ein Portrait der Single Issue Partei. Auch die deutlich bekanntere Piratenpartei sowie die Werteunion kamen auf rechnerische 0,0 % der Stimmen.
  • Welche Rolle Emotionen beim Wahlverhalten spielen, hat der Deutschlandfunk beschrieben.
  • Eine Rekordzahl an Straftaten mit Bezug zur Wahl hat das Bundeskriminalamt festgestellt.
  • Den kommunikativen Umgang der Parteien mit Enttäuschungen im Wahlkampf analysiert Marcus Ewald beim KOM-Magazin.
  • Wie die Wahl ausgegangen wäre, würde Deutschland das Wahlsystem der USA nutzen, zeigt Simon Kuestenmacher auf X/Twitter.

Dort schreitet der Staatsumbau nach autokratischem Vorbild in atemberaubender Geschwindigkeit voran, wie das heute journal in einem Beitrag zusammenfasst. Bei seiner ersten Rede als wiedergewählter Präsident vor dem US-Kongress sprengte Trump nicht nur alle vorherigen Redeanteile.  Fünf weitere Beobachtungen hat Katharina Schuster beim ZDF gemacht.

  • „Frauen“ und „Rassismus“ dürfen zukünftig nicht mehr in US-Regierungsdokumenten stehen. Welche weiteren „woken“ Begriffe unter welchen Bedingungen noch betroffen sind, wird hier erklärt.
  • Peace- und Dealmaker: Trumps Obsession mit dem Friedensnobelpreis hat Johannes Altmaier beim Tagesspiegel analysiert.
  • Das Jacobin-Magazin hat von Haus aus keinen neutralen Blick auf den Kapitalismus, seine Gedanken zur „CEO-Diktatur“ sind dennoch lesenswert.
  • Die Ikone der Kettensägen-Governance Elon Musk, hat in der Trump-Regierung nun zu ernsthaften Auseinandersetzungen geführt.
  • Trumps Wirken hat auch Auswirkungen auf die Parlamentswahl in Grönland, wie das IPG-Journal zeigt.
  • Der neue Premier in Kanada, Mark Carney, wählt mit Blick auf die kommende Wahl ebenfalls klare Worte gegen Trump. Das RND über die Lage im nördlichen Nachbarstaat der USA.

Damit Sie nicht allein mit den geopolitischen Drohkulissen in die zweite Frühlingswoche starten, noch eine ermunternde Randnotiz aus der Kreislaufwirtschaft: Eine bayerische Firma macht aus alten Kunststoffwahlplakaten Spielzeug, wie die Frankenschau zeigt.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff


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